Die Bärwurz

von Redaktion Ökona (Kommentare: 0)

Kategorien: Ernährung regional, Garten- & Landschaftsbau, Naturheilweisen

"Das besondere Aroma der Bärwurz"

Die Wurzel ist ein seltenes Gewächs

Kaum jemand hat noch nie von der Bärwurz gehört. Die Wurzel ist bekannt als Geschmacksgeber für hochprozentige Destillate, als „Bärwurzschnaps“, eine Art klarer Magenbitter, den man gerne nach einem opulenten Essen genießt. Über den Geschmack kann man geteilter Meinung sein. Früher musste man jedenfalls immer eine Flasche Bärwurz im Haus haben, auch um in geselliger Runde etwas Besonderes anbieten zu können. Trivial und mit Augenzwinkern „Bayerwald-Diesel“ genannt, hat der Bärwurz ein einzigartiges Aroma, von dem so mancher Zeitgenosse gelernt hat: „den ersten Schluck kann man geschmacklich nicht so recht einordnen, aber dann wir er schnell gefällig“. Diese Eigenschaft erinnert viele an gute Medizin, die auch nicht immer süß und lieblich schmecken muss.

 

Botschafter des Bayrischen Waldes

Früher hatte man mit der besagten Flasche zuhause einfach einen klaren Kornschnaps genommen, eine Bärwurz hineingesteckt und einige Wochen stehen lassen. Der Kornschnaps nimmt das Aroma im Laufe der Zeit intensiv an und man konnte immer wieder nachfüllen. Das war auch nötig, denn die Wurzel wurde nur an wenigen Plätzen um den kleinen Arber gefunden und war somit ein rares Gewächs. Ausgraben der Wurzeln in freier Natur ist heute ohnehin verboten.

Mit der steigenden Nachfrage in den 60iger Jahren, auch durch Touristen, entwickelten sich einige Bärwurzereien, die die Pflanze kultivierten, um die Nachfrage decken zu können. Diese Brennereien stellen diesen traditionsreichen Gebrannten her und als Edelbrand findet er Eingang in die junge Barkultur. Man denke an die Geschmackserfahrungen beim mutigen degustieren eines Bärwurzschnapses. Das regional verwurzelte Produkt in einer meist tönernen Flasche im Reisegepäck, fungiert als ausgezeichneter Botschafter des Bayrischen Waldes. Seither sind diese Brennereien beliebte Ausflugsziele mit einer Vielfalt an Spezialitäten.

 

Bemerkenswerte Heilwirkungen

Das Kultivieren der Pflanze war schon im frühen Mittelalter in Klostergärten zu den Zeiten von Karl dem Großen vorgeschrieben, denn der Bärwurz wurden bemerkenswerte Heilwirkungen zugeschrieben. Hildegard von Bingen spielte als Universalgelehrte eine besondere Rolle in der Medizin der damaligen Zeit. Sie vertrat eine ganzheitliche Lehre, die Gesundheit von Körper, Geist und Seele als abhängig voneinander betrachtet. Ihre religiösen und medizinischen Schriften geben Anweisungen für eine gesunde Lebensführung und zum Wohl und bei verschiedenen aus den Fugen geratenen Körperfunktionen. Gemäß einschlägiger Literatur soll die Bärwurz gegen Herzschwäche und Fieberhelfen. Äußerlich verwendet man Bärwurz-Tee in Form von Umschlägen, Bädern oder Waschungen. Mit dieser Art der Anwendung könne man Hautkrankheiten lindern berichtet sie.

Bärwurzpulver nach Hildegard von Bingen

In ihrer medizinischen Schrift der Physica beschreibt Hildegard von Bingen unter anderem die Herstellung und Anwendung des „Bärwurz-Birnenhonigs“, den sie bei Migräne empfahl. Angesetzt wird dieser mit einer Mischung aus einem Bärwurzpulver aus der Hildegard von Bingen Medizin, frischen Birnen und Honig. Die Bärwurz hat Ihrer Ansicht nach eine regulierende und reinigende Wirkung bei Leber-, Nieren- und Blasenleiden und helfe sogar bei Magenleiden. Das Bärwurzpulver kann von Apotheken besorgt werden, z.B. bei der Zähringer Apotheke in Konstanz http://www.hildegard-vertrieb-breindl.de.  Auch die Bad Kötztinger „Bärwurzquelle“ https://www.baerwurzquelle.de/  führt dieses Produkt. Hier bietet die Familie Anleitner in Ihrer Erlebnisbrennerei ein informatives und interessantes Genusserlebnis rund um den Bärwurz.

 

 

Bärwurzhof Lehner kultiviert die Bärwurz im ökologischen Landbau

Die starke Nachfrage nach der Bärwurz erreicht heute neue Dimensionen. Um die heimische Flora zu schützen (Bärwurz steht unter Naturschutz!) wird die Pflanze auf Ackerflächen angebaut. Der Bärwurzhof der Familie Lehner in 94527 Aholming wurde anfangs der 70 Jahre des letzten Jahrhunderts gegründet. Schnell hat man sich auf den Anbau von Heil - und Gewürzpflanzen spezialisiert. In den Anfangsjahren war auch schon die Bärwurz (Meum athamanticum) für eine Bärwurzerei im Bayerischen Wald in den ersten Anbauversuchen. Bis dahin wurde die Bärwurz wild gesammelt oder in privaten Gärten angebaut. Nach Jahrzehnten an Erfahrung und Ausbau der Kultur ist die Bärwurzel mittlerweile tragende Säule des Betriebes. Der sorgsame Umgang mit natürlichen Ressourcen ist Teil der Unternehmensphilosophie. In den ökologischen Landbau stieg der Betrieb 2012 als Teilbetrieb und 2016 als Gesamtbetrieb ein. Der „andere Umgang“ mit dem Boden als wichtige Produktionsgrundlage war einer der Gründe, auf diese Wirtschaftsweise umzustellen. Der Anbau der Bärwurz erfordert einen intensiven Einsatz der Handarbeit und nur durch die Experimentierfreude der Familie Lehner ist es möglich geworden Landmaschinen nach den Bedürfnissen des Sonderkulturanbaus anzupassen. Als Biobauer ist es im Verbund mit den Abnehmern der Bärwurz wichtig, die Bärwurz ohne chem. Pflanzenschutzmittel und rückstandsfrei anzubauen. Die Hauptabnehmer und Kunden des Betriebes sind die Hersteller von Alternativmedizin z.B. den Produkten nach Hildegard von Bingen.

 

Das Angebot von Thomas Lehner

Das Angebot umfasst die Wurzeln von Meum athamanticum aus eigenem ökologischem Anbau, in verschieden Aufbereitungsstadien sorgfältig geerntet, als getrocknete Wurzel aber auch getrocknet und gemahlen in Arzneibuchqualität sowie Ernte und Lieferung in Abstimmung mit den Kunden. Als Neuinterpretation des bayerischen Bärwurzschnapses hat Herr Lehner auch das erste und bisher einzige Destillat aus ökologischer Herkunft mit Meum athamanticum hergestellt. Es ist eine besonders ausgewogene Komposition der Geschmacksnoten.

Thomas Lehner
Isarweg 5
Neutiefenweg
94527 Aholming

Tel: 09931 73100
Mobil: 0175 7037924

www.baerwurz.net

 

Bärwurzpflanze wird erst nach 5 Jahren geerntet

Was viele so nicht vermuten oder wissen: Die Bärwurzpflanze wird erst nach 5 Jahren geerntet, je älter, desto besser, versichern alte Bärwurz-Brenner. Die Wurzel ist dann etwa daumendick mit einigen Seitenwurzeln und zwischen 25-35 cm lang.  Der Doldenblütler wächst in Höhenlagen von England bis in die Ukraine und auf der Nord – Südachse von Schweden bis Süditalien und Marokko. Die Bärwurz hat einen starken ätherischen Geruch ähnlich dem Fenchel und wird im franz. auch Alpenfenchel genannt.

Die Bärwurz ist eine winterharte krautige Pflanze, die in der Regel eine Höhe von 15 bis 60 Zentimetern erreicht. Der Stengel ist walzlich und trägt oben einen Faserschopf. Sie wurzelt bis zu einer Tiefe von einem Meter und bildet Horste. Die aufrechten Stengel sind geriffelt und kahl, oben sind sie jeweils mit zwei Blättern besetzt. Die Blätter sind in einen langen Blattstiel und eine Blattspreite gegliedert. Die Blattspreite ist im Umriss länglich oder eiförmig und zwei- bis vielfach fiederschnittig. Die Abschnitte letzter Ordnung sind haardünn, 4 bis 6 Millimeter lang und quirlig gebüschelt.

Würze in Suppen und Beilagen

Es kommt nicht von ungefähr das dieser außergewöhnliche Geschmacksträger zum Experimentieren anregt. Für viele unserer Gastronomen ist das „meum athamantikum“ eine wohlgelittene Zutat zu vielen Speisen, als Würze in Suppen und Beilagen aber auch als überraschende Beigabe zu allerlei Mixgetränken. Am Beispiel der Bärwurz, wird auch wieder klar, das in unserer Tradition verwurzelte Dinge immer wieder auch Ausgangspunkt für eine Erneuerung sein können und das es in der Regel die Ideen von mutigen Einzelpersonen oder kleineren mittelständischen Betrieben sind, neues anzustoßen und auf den Weg zu bringen.

Wir hoffen, dass wir Ihre Neugierde geweckt haben und wünschen jedenfalls viel Vergnügen beim Kennenlernen der Bärwurz und den Produkten daraus.

Redaktion Ökona

Hermann Wenninger